NPOV - Troll - IP

Relevanz oder Quantität?

Journalisten oder Wissenschaftler müssen an der Hürde der Gatekeeper und ihrer Qualitätskontrolle vorbei, wollen sie ihre Werke veröffentlichen. Es stellt sich die Frage, ob es solche Gatekeeper auch im Internet gibt. Clay Shirky (2005) sagt dazu: “The Web has an editor, it’s everybody”. Eine Qualitätskontrolle des Contents findet statt – jedoch erst nach seiner Veröffentlichung. Je mehr Nutzer ein Dokument taggen, desto mehr Relevanz scheint dieses Dokument für sie zu haben. Ist dies aber eine ernstzunehmende Qualitätskontrolle? Wird etwas zu „geprüfter“ Qualität, nur weil viele Leute dies so sehen? (Wenn viele Studenten bei einer Mathematikklausur die gleiche – falsche – Lösung bringen, wird diese nicht dadurch qualitativ wertvoll, sondern bleibt falsch. Quantität bedeutet nicht Qualität. Andererseits weist es in eine bestimmte Richtung, wenn viele Nutzer ein Stück Information mit stupid und ein anderes mit cool taggen. Dieser Content könnte für das Relevance Ranking verwertet werden.

// Peters, Isabella / Stock, Wolfgang G. 2008: Folksonomien in Wissensrepräsentation und Information Retrieval. Information - Wissenschaft & Praxis. 59(2008)2. S. 81

Glocalisation

We find community in networks, not groups (...) In networked societies: boundaries are permeable, interactions are with diverse others, onnections switch between multiple networks, and hierarchies can be flatter and recursive (...) Communities are far-flung, loosely-bounded, sparsely-knit and fragmentary. Most people operate in multiple, thinly-connected, partial comunities as they deal with networks of kin, neighbours, friend, workmates and organizational ties. Rather than fitting into the same group as those around them, each person his/her own personal community. (...) Huge increase(s) in speed (have) made door-to-door comunications residual, and made most communications place-to-place or person-to-person. (...) The household is what is visited, telephoned or emailed.

// Wellman, Barry 2001: Physical Place and Cyberplace: The Rise of Personalized Networking. In: International J. Urban and Regional research. Jg. 25. S 227-252. S. 233f

Ontologische Bodenlosigkeit

Das Leben in der Wissens-, Risiko-, Ungleichheits-, Zivil-, Einwanderungs-, Erlebnis- und Netzwerkgesellschaft verdichtet sich zu einer verallgemeinerbaren Grunderfahrung der Subjekte in den fortgeschrittenen Industrieländern: In einer "ontologischen Bodenlosigkeit", einer radikalen Enttraditionalisierung, dem Verlust von unstrittig akzeptierten Lebenskonzepten, übernehmbaren Identitätsmustern und normativen Koordinaten. Subjekte erleben sich als Darsteller auf einer gesellschaftlichen Bühne, ohne dass ihnen fertige Drehbücher geliefert würden. Genau in dieser Grunderfahrung wird die Ambivalenz der aktuellen Lebensverhältnisse spürbar. Es klingt natürlich für Subjekte verheißungsvoll, wenn ihnen vermittelt wird, dass sie ihre Drehbücher selbst schreiben dürften, ein Stück eigenes Leben entwerfen, inszenieren und realisieren könnten. Die Voraussetzungen dafür, dass diese Chance auch realisiert werden können, sind allerdings bedeutend. Die erforderlichen materiellen, sozialen und psychischen Ressourcen sind oft nicht vorhanden und dann wird die gesellschaftliche Notwendigkeit und Norm der Selbstgestaltung zu einer schwer erträglichen Aufgabe, der man sich gerne entziehen möchte. Die Aufforderung, sich selbstbewusst zu inszenieren, hat ohne Zugang zu der erforderlichen Ressourcen, etwas zynisches.

// Keupp, Heiner 2003: Identitätskonstruktion. Vortrag bei der 5. bundesweiten Fachtagung zur Erlebnispädagogik am 22.09.2003 in Magdeburg; Online im Internet: www.ipp-muenchen.de/texte/identitaetskonstruktion.pdf (29.06.2010)

Why People Choose Work Group Members?

In our study, people are choosing group members for future projects based on people’s reputation for competence. People may not actually know each other’s grades or the number of hours put in on previous projects, but it is clear that a reputation for competence is developed and circulates within the organization. Further, it is an important basis on which people develop their preferences for future group members. It is interesting to note that grade point average was not a significant predictor of being chosen as a team member. This may indicate that people do not choose others based on general indicators of competence or that information on grade point average and general competence circulate less freely in these groups or are harder to assess.
Finally, we hypothesized that people would choose others with whom they were already familiar for future work groups. This hypothesis was partially supported. But, our analysis indicates that familiarity alone is not adequate to generate a future work tie. During the course of project 1, people established working relationships with others in their group. These relationships varied over time, but on average, each person had either a strong or weak tie with each other member in his or her current group. Where there were strong ties, people elected to continue those relationships in future work groups. This is consistent with Kilduff’s (1990) finding that MBA students, when they look for jobs, want to work in the same companies as their friends. These data suggest that familiarity may lead to an awareness of whether or not an ongoing working relationship is effective. If a relationship is successful, then people are especially inclined to repeat it. This is consistent with our argument that people are seeking to reduce uncertainty in their choice of future group members. Although there may be better group members in the organization, people are choosing a “sure thing” rather than taking the risk of working with someone who has a work style and work ethic with which they do not have personal experience.

// Hinds, Pamela J. / Carley, Kathleen M. / Krackhardt, David/ Wholey, Doug 2000: Choosing Work Group Members: Balancing Similarity, Competence, and Familiarity In: Organizational Behavior and Human Decision Processes Vol. 81, No. 2, March, S.

Mehr Zitate




NPOV – Vandalen – Trolle


In  der computervermittelten Kommunikation allgemein und in kollaborativen Netzwerken wie Wikipedia insbesondere haben sich bestimmte Teilnehmergruppen mit einer ähnlichen Position heraus kristallisiert. Diese Positionen schaffen Rollenerwartungen und bilden die Grundlage  für Kommunikations- und Handlungsmuster.

NPOV - Propagandisten
Der NPOV (Neutral Point Of View) ist eines der vier unveränderlichen Grundprinzipien der Wikipedia. Der Neutrale Standpunkt dient dazu, Themen sachlich darzustellen und den persönlichen Standpunkt des Autors zum Thema nicht nur in den Hintergrund treten zu lassen, sondern aus dem Artikel ganz herauszuhalten. Demzufolge gelten als Propagandisten (Stegbauer 2009, S. 168) diejenigen Nutzer von Wikipedia, die eine Sperre wegen eines im Artikel erkennbaren persönlichen Blickwinkels (POV) erhalten, der sich in einer propagierten Meinung widerspiegelt.

Troll
Der Troll ist  ein Teilnehmer, der durch Provokationen auffällt. Mutmaßliches Ziel des Trolls ist das Stören der ursprünglich an einem Sachthema orientierten Kommunikation, um  ohne Fachliche Teilhabe Aufmerksamkeit zu erlangen. Die zugehörige Tätigkeit wird to troll (,trollen‘) genannt. Der Begriff wurde erstmalig von Donath  (1999)  veröffentlicht und wird in sozialen Netzwerken häufig falsch einem der beiden Herausgeber des Bandes dieser ersten Veröffentlichung Kollock zugeschrieben. Ironischerweise übrigens auch in dem Wikipediaeintrag zum Troll. „Trolling is a game about identity deception, albeit one that is played without the consent of most of the players. The troll attempts to pass as a legitimate participant, sharing the group's common interests and concerns; the newsgroups members, if they are cognizant of trolls and other identity deceptions, attempt to both distinguish real from trolling postings, and upon judging a poster a troll, make the offending poster leave the group. Their success at the former depends on how well they — and the troll — understand identity cues; their success at the latter depends on whether the troll's enjoyment is sufficiently diminished or outweighed by the costs imposed by the group.“ 
Sie versteht Trollen also als ein Spiel um das Verschleiern der Identität, das aber ohne das Einverständnis der meisten Mitspieler gespielt wird. Donath unterscheidet dabei sich auf eine Untersuchung des USENET als Kernform der computervermittelten Kommunikation der Newsgroups beziehend drei unterschiedliche Formen von Identitätstäuschungen, wie Trolling sie ja im eigentlichen Sinne darstellen: Täuschung der eigenen Identität durch Einnahme ständig wechselnder Identitäten mit dem Ziel die Gruppenkommunikation insgesamt zu sprengen. Eine weitere Form ist die Interpersonation, in dem der Troll vorgibt eine andere existierende Person innerhalb eines Netzwerks oder einer dauerhaften Online-Kommunikation zu sein. Der dritte Typus der Identitätstäuschung zielt auf das Verbergen der eigentlichen Identität (Beck 2005, S. 114).
Trolle schädigen die offene Kommunikation inNewsgroups und sozialen Netzwerken in mehrfacher Hinsicht, denn sie können nicht nur eine Diskussion faktisch durch nicht gesprächsfürdernde Einbringungen unterbrechen, sondern beschädigen damit auch das gesamte Kommunikationsklima nachhaltig, da keine Rollensicherheit mehr existiert, und auch wahre Identitäten angezweifelt werden. Das kann sich darin äußern, dass in diesem Klima des Misstrauens, neue Mitglieder, die eine vermeintlich unsinnige, aber in Wirklichkeit nur naive Frage stellen, unverzüglich mit aggressiven Postings angegriffen werden. Herring et al. (2002)  weisen in Searching for Safety Online: Managing 'Trolling' in a Feminist Forumdarauf hin, dass es schwierig bleibt gleichwohl Meinungsfreiheit und die Bekämpfung von Trollen in Online Foren zu garantieren: „harassment often arises in spaces known for their freedom, lack of censure, and experimental nature." Trollen und vor allem die Rollenzuweisung, dass eine eingenommene Identität ein Troll sei, ist eine subjektive Einschätzung, die stark abhängig ist vom Kommunikationsklima innerhalb von Foren und Newsgroups, der Offenheit und nicht zuletzt auch dem verhandelten Thema, denn nachvollziehbar ist, dass innerhalb von Foren die z.B. sexuellen Missbrauch verhandeln und  in denen der Umgang mit schweren physischen und seelischen Schäden erlernt werden soll, andere Kommunikationsregeln gelten müssen, als in Spieleforen.

Vandalen und Vandalenjäger
Während Trolle sich in den Kommunikationsprozess mit einer vorgetäuschten Identität einbringen, gelten als Vandalen diejenigen Teilnehmer, die absichtlich Inhalte, Beiträge und Bearbeitungen von anderen Teilnehmern zerstören. Stegbauer bezeichnet als Vandalenjäger solche Teilnehmer, die eine hohe Anzahl an Reverts durchgefährt haben. Als Reverts werden innerhalb von Wikipedia die Zurücksetzung  einer Änderung in einen vorhergehenden Zustand bezeichnet, womit automatisch die vom Vandalenjäger als fehlerhaft oder falsch betrachtete Änderung oder Ergänzung eins Eintrages nicht mehr öffentlich sichtbar ist (Stegbauer 2009, S. 167). 

Administratoren
Während in Foren und Newsgroups Administratoren von den Initiatoren benannt werden oder sich innerhalb eines Forums durch dynamische Wachstums- und Entwicklungsprozesse sich diese selbst Entwickeln, weil ein Thread plötzlich an Bedeutung gewinnt, werden bei Wikipedia die Administratoren von Community vorgeschlagen und gewählt.
Benutzergruppen von Wikipedia

Als Leitlinien gelten: „Jeder allgemein stimmberechtigte Benutzer darf sich oder andere stimmberechtigte Benutzer vorschlagen. Bitte holt vor einem Vorschlag die Zustimmung des Kandidaten ein. An Diskussionen über Kandidaten können und sollen sich alle Benutzer beteiligen. Vorgeschlagene sollten sich mehrere Monate aktiv an der deutschsprachigen Wikipedia beteiligt haben und deutlich mehr als die für die Stimmberechtigung notwendigen 200 Edits im Artikelnamensraum vorweisen können. Die meisten Benutzer erwarten eine deutlich vierstellige Editzahl und Mitarbeit in verschiedenen Namensräumen. Neue Vorschläge bitte unter der Einleitung einfügen, als „Vorlage“ einen der vorangehenden Abschnitte wählen, ggf. aus dem Archiv. Analog bitte den Kandidaten in die Vorlage Beteiligen eintragen. Jeder stimmberechtigte Benutzer kann nur mit einer Pro- oder Contra-Stimme abstimmen oder sich enthalten, Enthaltungen werden bei der Auswertung nicht berücksichtigt. Gebt eure Stimme in der entsprechenden Rubrik ab und unterzeichnet mit --~~~~. Für längere Begründungen (mehr als ein Absatz) benutzt bitte, um die Übersichtlichkeit zu wahren, die Diskussionsseite. Abgegebene Stimmen sollen nicht von anderen Benutzern kommentiert werden. Dies kann auf der Diskussionsseite geschehen. Damit ein Kandidat zum Administrator ernannt werden kann, sollen innerhalb von zwei Wochen mindestens 50 Benutzer mit Pro abgestimmt haben, wobei mindestens zwei Drittel der insgesamt abgegebenen Stimmen Pro-Stimmen sein sollen. Enthaltungen zählen dabei nicht als abgegebene Stimmen. Die Bürokraten setzen das Ergebnis der Abstimmung um, haben allerdings einen Auslegungsspielraum bei der Feststellung, ob die Voraussetzungen für den Kandidaten und die Abstimmenden erfüllt sind.“ (Wiki 2010)

IPs
Als IPs werden innerhalb von Wikipedia nicht angemeldete Benutzer bezeichnet. Die IP-Adresse, die als eine Adresse in Computernetzen gilt, wird somit zu einzigen Identifikationsmerkmal. Da diese IP-Adresse aber rechner- und nicht nutzergebunden ist, bleibt wegen der fehlenden Anmeldung unklar, ab es sich hierbei um eine reale Person, eine Maschine oder eine Gruppe von Personen handelt. Die IP-Adresse wird Geräten zugewiesen, die in das Netz eingebunden sind und macht die Geräte so adressierbar und damit erreichbar. Die IP-Adresse kann einen einzelnen Empfänger oder eine Gruppe von Empfängern bezeichnen (Multicast, Broadcast). Umgekehrt können einem Computer mehrere IP-Adressen zugeordnet sein. In der Nutzerhierarchie von Wikipedia stellen IPs die unterste Nutzerebene dar.

© Thomas Sakschewski

 



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Literatur | Links


  • Stegbauer, Christian 2009: Wikipedia - Das Rätsel der Kooperation. Bielefeld: VS Verlag
  • Donath, Judith S. 1999: Identity and deception in the virtual community. In: Peter Kollock / Marc A Smith (Hrsg). Communities in Cyberspace. London: Taylor and Francis. S. 29-59
  • Beck, Klaus 2005: Computervermittelte Kommunikation im Internet. München: Oldenbourg
  • Herring, Susan / Job-Sluder, Kirk / Scheckler, Rebecca / Barab, Sasha 2002: Searching for Safety Online: Managing "Trolling" in a Feminist Forum. Indiana University: Center for Social Informatics
  • http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:AK (15.11.2010)