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Multiskilling

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Multiskilling



Multiskilling kann als Kehrseite eines auf streng fachliche Qualifikation konzentrierten Selbstverständnisses der Personalentwicklung verstanden werden. Eng verwandt mit dem häufig benutzten Begriff des Multitaskings, als Beschreibung der Fähigkeit Aufgaben parallel lösen zu können, kann Multiskilling als die Fähigkeit beschrieben werden, mehr als eine Qualifizierung für ganz unterschiedliche Problemsituationen aufzuweisen. Mehrfachqualifizierung kann vor dem Hintergrund flexibler Arbeit geradezu als Grundvoraussetzung für eine kompetenzorientierte Betrachtung des einzelnen Freelancers in der Veranstaltungsbranche betrachtet werden.

Begriffsklärung
Das Modell einer Mehrfachqualifikation sollte nicht als reine Gegenbewegung zur weiter fortschreitenden Spezialisierung verstanden werden. Dies würde unweigerlich zu einer Verwechselung des Konzepts des Multiskilling mit dem Anspruch einer Universalbildung fähren. Universalbildung, wie sie im traditionellen Verständnis eines Universalgelehrten in Leibniz oder Goethe Fleisch gewordener Teil unserer Schulbildung ist,  kann heutzutage ernsthaft kaum jemand einfordern. Zu schillernd verfüllt mit Primär- und Sekundärquellen, Studien und Forschungen, Bemerkungen und Kommentaren, Zitaten und Verweisen ist auch noch der allerkleinste weiße Fleck auf der wissenschaftlichen Landkarte. Kein physikalischer Laie wird noch den Mut haben, einfach ein neues Farbsystem zu erdenken wie einst Goethe, der Zeitlebens hoffte nicht als Dichter in die Geschichte einzugehen sondern als Farbtheoretiker. Die Farblehre Goethes kennen heute nur wenige und noch weniger können heute noch einen Leibniz einordnen.
Von einer Universalbildung in diesem klassischen Verständnis sind wir heute meilenweit entfernt. Stattdessen versuchen wir schon in Kindergärten und Grundschulen die Fähigkeit zu vermitteln, die richtigen Fragen zu stellen und im besten Fall zu erlernen, wo denn die Antworten stehen könnten.
Multiskilling entstammt der Organisationslehre, um die vielseitigen Fähigkeiten zu umschreiben, die im Rahmen von Job Enrichment, Job Enlargement und jedem weiteren Traning on the Job  bei den Mitarbeitern zusammenfließen. Wir können hier also von einer mehrfachen Spezialisierung sprechen, um den Einsatz der Mitarbeiter zu flexibilisieren. So ist die Attraktivität eines Multiskilling Modells in stark dynamisierten Märkten und kürzer werdenden Innovationszyklen nachvollziehbar. Busch und von der Oelsitz (vergl. Busch und v.d. Oelsitz 2008, S. 50ff)  weisen richtigerweise darauf hin, dass eine langfristige Beschäftigungsperspektive gerade in den wissensintensiven Branchen im Dienstleistungsbereich überlebenswichtig ist, auch wenn dies je nach wirtschaftlicher Gesamtwetterlage immer wieder vergessen wird. Hier müssen Instrumente der systematischen Personalentwicklung greifen, die schließlich zu Mehrfachqualifizierungen fähren, um auftretende Belastungsschwankungen mit eigenem Personal zu decken. Von besonderer Bedeutung sei hierbei - so die Autoren - der demographische Wandel, denn längere Arbeitszeiten müssen aus betriebswirtschaftlicher Perspektive einhergehen mit einer flexiblen Einsetzbarkeit der Mitarbeiter. Als individueller Lernprozess bauen Qualifizierungsmaßnahmen auf den Sockel einer (über)durchschnittlich guten Qualifikation auf.
Der CEO von Toyota beschreibt in diesem Zusammenhang das Qualifikationsprofil der Toyota Mitarbeiter als ein T. „Der vertikale Strich steht für die Anforderung, dass die Angestellten das, was sie tun, intensivieren und vertiefen müssen. Der horizontale Strich weist darauf hin, dass sie auch andere Tätigkeit erlernen müssen.“ (Watanabe 2007)
Im Arbeitsteam können Negativeffekte einer Mehrfachqualifizierung, denn streng genommen bedeutet der einseitige Einsatz einer Qualifikation, ja das Brachliegen anderer Ressourcen, auch wenn diese durch ihre Personengebundenheit gar nicht wirklich einsetzbar sind, durch eine verbesserte Personalplanung und der motivierenden Wirkung situativer Positionsveränderungen im Team zum Teil eingeschränkt oder gar verhindert werden. Auch wenn David Robertson schon 1992 in dem sehr fokussiert formulierten Beitrag „The Meaning of Multiskilling“ (Robertson 1992)  kaum irgendwo einen Beleg dafür findet, dass Multiskilling in der Produktion jenseits der Produktionsflexibilisierung zugunsten der Gewinnmaximierung irgendeinen Effekt auf Arbeitszufriedenheit, Motivation oder Leistung hat.
Busch und von der Oelsitz unterscheiden daher in wissenserzeugender und wissensnutzender Teamarbeit, also Innovations- und Arbeitsteams. Während in Innovationsteams Kreativität, Offenheit  und Eigeninitiative von den Teammitgliedern erwartet werden kann, nutzen Arbeitsteams Wissensbestände, um wiederkehrende Aufgabenroutinen abzuarbeiten. Während für die einen, die Aufgabe darin bestehen muss Kompetenzen besser zu koordinieren, muss es bei den anderen Aufgabe sein, die Kompetenzen des Einzelnen flexibler zu substituieren. Multiskilling kann für beide Teamformen als wichtige Voraussetzung gelten. (vergl. Busch und v.d. Oelsitz 2008, S. 54f)

 


Anwendung


Anders als in der genannten Literatur sind Mehrfachqualifizierungen in der Veranstaltungsbranche zumeist nicht Ergebnis systematischer Personalentwicklungsmaßnahmen, sondern Folge mehrdimensionaler, mehrfunktionaler beruflicher Biographien, die sowohl vom Projektcharakter als auch von der allgemeinen Flexibilisierung der Beschäftigungsverhältnisse genährt werden. Der Nebeneffekt einer zum Teil sehr tief gehenden, aber mit jeder Veranstaltungserfahrung immer in die Breite  wachsenden Kompetenz des Einzelnen wird in der Branche dabei genauso wenig systematisch erfasst, wie sie systematisch entwickelt wird. Wir können aber die Zusammenhänge zur Wissensgenerierung in Innovationsteams von Busch und von der Oelsitz sehr gut auf die Branche übertragen. „Die Mehrfachqualifizierung setzt hier im Bereich des Metawissens an und nicht im Bereich des Objektwissens, vermittelt werden nicht konkrete Kenntnisse, sondern abstrakte Vorstellungen dieser Kenntnisse, d.h. es wird keine Beherrschung eines Aufgabenbereichs angestrebt, sondern lediglich die Sensibilisierung gegenüber diesem Aufgabenbereich.“  (Busch und v.d. Oelsitz 2008, S. 62)  Wenn beides zusammenfällt, so muss ergänzt werden, so ist dies nur wünschenswert. Die Autoren setzen hierbei auf Metawissen als Kooperationsgrundlage. Diese Kooperationsgrundlage wechselseitig vorhandener Kompetenzen könnte die ebenso bestehende Angst vor Substitution verdrüngen und eine Basis für wissensgenerierende Prozesse schaffen.

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Literatur | Links



Busch, Michael W. / von der Oelsitz, Dietrich 2008: Multiskilling in Eisenkopf, Alexander / Opitz, Christian / Proff, Heike (Hrsg.): Strategisches Kompetenz-Management in der Betriebswirtschaftslehre: Eine Standortbestimmung Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag
Robertson, David 1992: The Meaning of Multiskilling. In Beckermann, Andre / Davis, Julie / Jackson, Nancy: Training For What. Labour Perspectives on Job Training. Montreal: Oir Schools.
Watanabe, Katsuaki 2007: „Mit einer Tankfüllung um die ganze Welt“. In: Harvard Business Manager, 29: 32–42.